Wieso sich Solarenergie auch in der Schweiz lohnt
Die Kraft der Sonne könnte in der Schweiz viel stärker genutzt werden. Hier wird mit Unwahrheiten über Solarenergie aufgeräumt.
Die Sonne ist eine unerschöpfliche Energiequelle und Solarenergie – wie alle erneuerbaren Energieformen – deutlich umwelt- und klimaschonender als fossile Brennstoffe. Dennoch kursieren im Zusammenhang mit Solarenergie nach wie vor Unklarheiten und Mythen. Scheint in der Schweiz genug oft und intensiv die Sonne für eine effiziente Nutzung von Solarenergie? Wie gross ist der Anteil des in der eigenen Solaranlage produzierten Stroms, der selbst genutzt werden kann? Sind Fotovoltaikanlagen trotz des hohen Energiebedarfs für die Panelproduktion umweltfreundlich? Ruinieren hässliche Panels nicht das Erscheinungsbild der Nachbarschaft? Hier wird diesen Punkten kurz nachgegangen.
Beginnen wir mit der Stärke der Sonne in unseren Breitengraden: Die jährliche Sonneneinstrahlung variiert hierzulande je nach Standort zwischen 1050 und 1550 Kilowattstunden pro Quadratmeter. Auf die gesamte Fläche der Schweiz mit ihren 41’285 Quadratkilometern trifft etwa 200-mal mehr Sonneneinstrahlung, als im gesamten Land Energie verbraucht wird. Die Verbreitung der Fotovoltaik hängt allerdings nur bedingt von der Intensität der Sonneneinstrahlung ab. Zu den Ländern mit der höchsten Nutzung in Europa gehören sowohl südliche Länder wie Griechenland und Italien als auch Deutschland, Belgien oder die Tschechische Republik. Das Bundesamt für Energie schätzt das Produktionspotenzial auf Schweizer Dächern und Fassaden auf 67 Terawattstunden pro Jahr. Dies bedeutet, dass eine 40-mal höhere Solarstromproduktion als heute möglich wäre.
Bei kleineren Solaranlagen ist der Eigenverbrauchsanteil grösser
Ein weiteres Vorurteil ist, dass der mittels Fotovoltaik-Anlagen erzeugte Strom gar nicht im eigenen Haushalt genutzt werden kann. Dies ist nicht komplett falsch: Solaranlagen produzieren hauptsächlich tagsüber Strom, insbesondere zur Mittagszeit. Auch wenn den Tag über niemand zu Hause ist, gibt es einige Haushaltskomponenten wie Kühlschränke, Gefrierfächer oder programmierbare Wasch- und Abwaschmaschinen, die auch bei Abwesenheit Strom verbrauchen. Weitere laufende Verbraucher können Geräte im Stand-by-Modus wie Fernseher, Stereoanlagen, Router, Kaffeemaschinen oder Kopiergeräte sein. Dieser Strombedarf kann ebenfalls durch Fotovoltaik-Anlagen gedeckt werden. Grosse Stromverbraucher wie Kochherde, Backöfen und Küchengeräte oder IT-Anwendungen werden hauptsächlich am Morgen und Abend genutzt. Die Überschussproduktion, die nicht direkt im Haus gebraucht werden kann, wird ins Stromnetz abgegeben. Dafür erhält man eine Vergütung – den sogenannten Einspeisetarif. Mit überschüssigem Solarstrom können auch Elektroautos oder E-Bikes aufgeladen werden.
Welcher Anteil des produzierten Stroms selbst verbraucht werden kann, hängt vor allem von der Grösse der Anlage und dem individuellen Energienutzungsverhalten ab. Bei einer sehr kleinen Anlage von zwölf Quadratmetern sind 35 bis 50 Prozent des produzierten Stroms für den Eigengebrauch. Der restliche Teil wird gegen eine Vergütung des Stromversorgers ins Netz gespeist. Ist die Anlage etwas grösser und misst bis zu 30 Quadratmeter, können nur noch 20 bis 40 Prozent des produzierten Stroms im eigenen Haushalt verbraucht werden. Seit sich die Schweiz im Lockdown befindet und Hunderttausende Arbeitnehmer im Homeoffice arbeiten, dürfte der Stromverbrauch in Schweizer Haushalten regelmässiger über den Tag verteilt sein, womit der Eigenverbrauchsanteil grösser wird.
Am meisten Energie verbraucht die Herstellung der Solarpanels
Wie sieht es mit der Energie- und Umweltbilanz von Solaranlagen aus? Der Primärenergiebedarf – die gesamte Energie, die für die Herstellung eines Fotovoltaikmoduls benötigt wird – beträgt Studien zufolge typischerweise etwa 7000 Megajoule Öl-Äquivalente pro Modul. Dies entspricht ungefähr 1,3 Fässern Rohöl. Den Hauptanteil mit rund 70 Prozent macht die Herstellung der Panels aus. Dieser Strom wird in erster Linie für die Produktion von hochreinem Silizium, das Sägen der Silizium-Wafer sowie für die Zell- und Modulproduktion benötigt. Der restliche Primärenergiebedarf ist hauptsächlich auf die Produktion der weiteren Materialien für die Module wie Glas oder Kupfer für die Kabel sowie die Montagesysteme für die Gebäudeintegration zurückzuführen. Es besteht noch grosses Potenzial zur Verbesserung des Primärenergieverbrauchs für Fotovoltaik, beispielsweise durch Recycling von Silizium.
In der Schweiz beträgt die Energierückzahldauer momentan etwa drei bis vier Jahre. Im Vergleich dazu liegt die Lebensdauer der Module bei mindestens 30 Jahren. Solaranlagen erzeugen in ihrem Betrieb keine Schadstoffemissionen, vielmehr kann Solarstrom beispielsweise klimaschädliche Stromimporte aus dem Ausland vermindern und somit zu einer Emissionsreduktion beitragen. Da bei der Herstellung von Solaranlagen Treibhausgase entstehen, ist jedoch auch Solarstrom über den ganzen Lebenszyklus gesehen nicht komplett emissionsfrei.
Panels sind heutzutage in allen Farben erhältlich
Nicht zuletzt haben auch Architekturfans und Heimatschützer ihre Bedenken gegenüber Solaranlagen und kritisieren, die an der Aussenfassade von Häusern angebrachten Module seien hässlich anzusehen. Die heute meistverbreitete Technologie sind kristalline Module, die in Standardgrössen produziert werden und meist blau bis schwarz aussehen. In den letzten Jahren wurden diese jedoch stark weiterentwickelt, und die Auswahl ist deutlich grösser geworden. Bei kristallinen Silizium-Modulen beispielsweise können die einzelnen Zellen anders aneinandergereiht werden und damit mehr Formen bilden als nur die Standardrechtecke. Dünnschicht-Module erlauben nochmals flexiblere Formen und ermöglichen unter anderem eine Anpassung an eine geschwungene Form. Sogar die Farben der Module können mit neuen Technologien verändert werden. Inzwischen reicht die Farbpalette von Grün über Rot bis hin zu Weiss